Die EU-Urheberrechtsrichtlinie
Am 17. Mai 2019 wurde die EU-Urheberrechtsrichtlinie (offizieller Name: „Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt“) im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
Vorausgegangen waren kritische Diskussionen zum Artikel 13 (später umbenannt in Artikel 17). Dieser Artikel der Richtlinie sieht vor, dass künftig Onlineplattformen wie Facebook, YouTube oder Instagram für die missbräuchliche Veröffentlichung urheberrechtsgeschützer Inhalte auf ihren Plattformen haften. Davon betroffen sind natürlich nicht nur große Plattformen, sondern auch kleinere. Problematisch ist das vor allem weil sich eine solche Haftung wirtschaftlich nur dann trägt, wenn man als Plattformbetreiber dafür sorgt dass Inhalte, die im Verdacht stehen, Urheberrechte zu verletzen überhaupt nicht sichtbar werden, also bereits beim Upload durch den Benutzer der Plattform ausgefiltert werden - man spricht darum von "Uploadfiltern".
Wie bei allen EU-Richtlinien gelten die Bestimmungen nicht unmittelbar, sondern müssen von jedem EU-Mitgliedstaat in nationales Recht umgesetzt werden1). Dafür haben die Mitgliedstaaten bis zum 7. Juni 2021 Zeit. Die CDU sagte 2019 für Deutschland eine Umsetzung in nationales Recht ohne Zwang zum Uploadfilter zu, musste im Frühjar 2020 jedoch einräumen, dass dieses Versprechen nicht gehalten werden kann2)
Der von der Regierung Merkel im Frühjahr 2021 vorgelegte Gesetzesentwurf bringt massive Probleme für die Nutzer der Plattformen sowie für Betreiber kleinerer Plattformen mit sich. Einen sehr guten Einblick bietet LNP380 "Werkzeug der Aufklärung"3)
Aufgaben
Aufgabe 1
Je nach Quelle werden pro Minute bei YouTube ca. 400 Stunden Videomaterial hochgeladen. Welche Probleme siehst du, wenn YouTube die Veröffentlichung von Urheberrechtlich geschütztem Material wie im Gesetz gefordert sicher verhindern will? Finde heraus, was man unter dem Begriff "Overblocking" in diesem Zusammenhang versteht.
Aufgabe 2
Lies zunächst den Artikel golem.de: "Verleger wollen Bagatellgrenzen komplett streichen" durch.
- Betrachte die Situation aus verschiedenen Perspektiven:
- Urheber (z.B. eine Journalistin, die einen Artikel geschrieben hat)
- Zeitungsverlage (veröffentlichen den Artikel auf ihrer Webseite)
- Soziales Netzwerk (z.B. Twitter/Facebook)
- Suchmaschine (Startpage/Google)
- Nutzerinnen von sozialen Netzwerken (z.B. Du auf Instagram)
- Kannst du dir - möglicherweise längerfristige - Auswirkungen auf unsere Gesellschaft als ganzes vorstellen, die durch diese Gesetzgebung ausgelöst werden können?
Aufgabe 3
Stell dir vor, du möchtest eine Webseite mit einer App erstellen, auf die deine Benutzer kurze Videos (60Sek) hochladen, in denen Sie die liebsten Stellen aus ihren Lieblingsbüchern vorlesen.
- Welche Probleme siehst du?
- Wie könntest du verhindern, dass Urheberrechtsverstöße in deiner App auftauchen?
- Deine Nutzerzahlen steigen rasant - du kannst einfach nicht jeden Upload ansehen und prüfen. Was könntest du machen?
- Wie beurteilst du die Auswirkungen der Gesetzgebung: Hilft ein solches Gesetz neuen Startups, mit neuen Produkten an den Markt zu gehen oder behindert das Gesetz Innovation eher? Was spricht für die jeweiligen Standpunkte?
Aufgabe 4
Uploadfilter sind bei großen Datenmengen zwangsweise Werkzeuge der (Teil-)Automatisierten Entscheidungsfindung, also Algorithmen oder selbstlernende Systeme.
Welche Probleme könnten in diesem Zusammenhang auftreten?
- Unterscheidung zwischen erlaubten Nutzungen und verbotenen Nutzungen. Schau zur Veranschaulichung auf Youtube vorbei: https://www.youtube.com/results?search_query=Untergang+Parodie
- Was wäre wahrscheinlich das Standardverhalten eines solchen Filters? welche Probleme ergeben sich dabei aus Nutzersicht, beispielsweise aus der Sicht eines "YouTubers" der mit seinen Videos seinen Lebensunterhalt verdient?